Anderswo umstritten: So belastet sind Straßennamen in Dorsten

Auch in Dorsten gibt es Namen, die anderswo als „belastet“ in der Diskussion sind. (von DZ: Michael Klein - 29.10.2025)


In einigen Städten wurden Hans-Pfitzner-Straßen umbenannt. In Dorsten trägt weiterhin eine Straße den Namen des Komponisten, der als Hitler-Verehrer und Judenhasser galt. FOTO Michael Klein

In vielen deutschen Städten wird um Straßenumbennungen gestritten. Auch in Dorsten gibt es Namen, die anderswo als „belastet“ in der Diskussion sind.

In vielen Städten gibt und gab es Streit über die Umbenennung von Straßen, Plätzen und anderen lokalen Orten - weil die Namen wegen ihrer NS-Vergangenheit belastet sind oder als rassistisch empfunden werden. In jüngster Vergangenheit ging es dabei auch um zwei Straßennamen, die es als Adressen so auch in Dorsten gibt. Eine „Mohrenstraße“ wie Berlin, die dort kürzlich umbenannt wurde, hat Dorsten zwar nicht. Aber eine „Ostlandstraße“, wie sie unlängst die Politik in Köln beschäftigt hat, findet sich auch im Süden der Lippestadt - nämlich entlang der Siedlung Tönsholt zwischen Bahnlinie und Gelsenkirchener Straße.

In Köln hatte es ein Gutachten des Historischen Beirats gegeben, der den Namen auf das „Reichskommissariat Ostland“ der Nazi-Diktatur zurückgeführt hatte. Dieses war 1941 im Baltikum errichtet worden und sollte das Gebiet „germanisieren und judenfrei“ machen. Aus diesem Grund schlug der Beirat vor, die Straße umzubenennen. Was zu Protesten von Anliegern führte.

Die Kölner Politik schloss sich im Frühjahr 2025 dem Bürgerwillen an und lehnte eine Umbennung ab. Denn die Ostlandstraße war, so stellte sich heraus, erst nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, der Name sollte als „Sammelbegriff“ lediglich darauf hinweisen, dass dort Flüchtlinge untergebracht wurden, die aus ehemaligen deutschen Ostgebieten kamen.

Auch die Dorstener „Ostlandstraße“ ist Erkenntnissen nach genauso wenig „vorbelastet“. Der Historiker Ulrich Poll hatte sich vor Jahren für den Verein für Orts- und Heimatkunde mit hiesigen Straßennamen beschäftigt. Demnach wurde die Ostlandstraße 1957 durch den Rat der Gemeinde Kirchhellen auf Initiative des dortigen Heimatkunde-Vereins so benannt. Tönsholt sei damals noch Teil Feldhausens gewesen „und wurde erst durch die Kommunalreform 1975 nach Dorsten eingegliedert“, so Poll.

Nach Angaben von Ludger Böhne, Pressesprecher der Stadt, sollte die Benennung der Straße vermutlich ihre Lage im östlichen Gemeindegebiet von Kirchhellen und den Verlauf in West-Ostrichtung kennzeichnen: „Ein Zusammenhang mit dem Reichskommissariat kann ausgeschlossen werden, da die Benennung nach 1945 erfolgt ist.“

Antisemit und Hitler-Verehrer Pfitzner
Unbestritten problematisch ist aber der Name eines Mannes, an den in Dorsten mit einer Straße im „Komponistenviertel“ im vor gut 40 Jahren errichteten Wohngebiet „Stadtsfeld“ erinnert wird: Hans Pfitzner (1869 bis 1949). Er gilt als wichtiger Musiker der Spätromantik, war aber auch „glühender Nationalsozialist, ausgewiesener Antisemit und begeisterter Verehrer Adolf Hitlers über 1945 hinaus“, wie es auf der Homepage von „Dorsten unterm Hakenkreuz“ heißt, die aus der Arbeit der gleichnamigen Forschungsgruppe hervorgegangen ist.

Diese Einschätzung wurde auch anderswo geteilt: Nicht nur Frankfurt, Wiesbaden und Münster haben in den vergangenen Jahren ihre „Hans-Pfitzner-Straßen“ umbenannt. Oder sie mit einem erklärenden und einordnenden Zusatzschild versehen. In Dorsten gab es aber bislang weder öffentliche Diskussionen noch Änderungs-Ambitionen. Aus „NS-Hintergründen“ hatte es in Dorsten zuletzt im Jahr 2016 die Umbenennung einer Örtlichkeit gegeben: Die Politik beschloss damals, den „Tillessensee“ in „Hardtbergsee“ umzubenennen. Grund: Von 1930 und 1935 war Carl Tillessen Geschäftsführer der dortigen Sand- und Tonwerke. In der Nazi-Zeit war er Mitglied der SS und der rechtsterroristischen „Organisation Consul“. Bei „Google Maps“ findet sich allerdings weiterhin die alte Bezeichnung.

Diskussionen um Gerhart Hauptmann
Diskussionen über einen Straßennamen gab es auch Anfang 2025 in Dorsten, nachdem Friedhelm Fragemann (SPD) angeregt hatte, die Erschließungsstraße im geplanten Neubaugebiet Marienviertel nach dem Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger Gerhart Hauptmann zu benennen, ergänzt durch eine Geschichtstafel, um damit auch an den dortigen Ex-Standort der Gerhart-Hauptmann-Realschule zu erinnern.

Die Stadtverwaltung aber ist dagegen. Bei der Recherche sei man darauf gestoßen, dass das Verhältnis des Schriftstellers zur NS-Politik „von Ambivalenz geprägt“ gewesen sei. Deshalb: Geschichtsstation mit Einordnung „ja“, alles andere „nein“.

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