Erinnern für die Zukunft 22. März 1945 – 22. März 2025

Vor 80 Jahren - Bombardierung von Wulfen und Dorsten - Tod aus dem Frühlingshimmel (von VOH Dorsten - 22.03.2025)


Vor 80 Jahren, nur wenige Wochen vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs am 8./9. Mai 1945, wurden Wulfen und Dorsten bei alliierten Bombenangriffen schwer getroffen.

Am 22. März 1945, einem klaren Frühlingstag, warfen amerikanische Bomberverbände um 10:10 Uhr vier Bombenteppiche über Wulfen ab. Getroffen wurden das Dorf, die Kirche, der Bahnhof, der Friedhof und Häuser "Auf der Koppel". 125 Sprengbomben zerstörten die Kirche und 15 Häuser vollständig, weitere 19 Häuser wurden schwer beschädigt. 23 Menschen verloren ihr Leben, darunter neun Kinder und Jugendliche.



Am Nachmittag, ab 14:14 Uhr, folgte der Angriff auf Dorsten. Innerhalb von fünf Minuten regneten 377 Tonnen Sprengmaterial auf die Stadt. Eine Schneise der Verwüstung zog sich durch die Innenstadt, Rauch- und Staubwolken stiegen fast zweieinhalb Kilometer hoch. 319 Menschen wurden getötet, die Altstadt zu 80 % zerstört. Nach dem Löschen der Brände war das Ausmaß der Zerstörung sichtbar: Von einer Seite der Stadt konnte man ungehindert zur anderen blicken.



Über 700 Familien wurden obdachlos, die Schuttberge waren so enorm, dass auf jeden Einwohner der Innenstadt mehr als 43 Kubikmeter Schutt entfielen – mehr als in Dresden oder Köln.

Um den Vormarsch der Westalliierten vom Rhein ins Landesinnere vorzubereiten und die NS-Herrschaft zu beenden, wurden in den Märztagen 1945 auch Bocholt, Borken, Coesfeld, Dülmen und Stadtlohn bombardiert.

Wenige Tage nach dem Bombardement erreichten die ersten US-Panzer Dorsten. Am 29. März 1945 besetzten sie die in Trümmern liegende Stadt. Spuren des Krieges sind bis heute im Stadtbild sichtbar.

Erinnern für die Zukunft
Diese Ereignisse mahnen uns, die Schrecken des Krieges nicht zu vergessen und uns für Frieden und Versöhnung einzusetzen. Das Gedenken an die Opfer soll uns daran erinnern, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist, sondern eine Aufgabe, der wir uns immer wieder stellen müssen.

Am 22. März 1945 erlebte Dorsten die Hölle - Bericht von Polizei-Oberleutnant Dreppenstedt, 1946 (Auszug)

"Bereits am Vormittag heulten die Sirenen: Vollalarm! In der Feldmark brannten erste Häuser, Jabos (Jagdbomber) warfen vereinzelt Sprengbomben. Plötzlich setzte eine Sirene auf der Overbergstraße in einem konstanten Ton ein – Verwirrung machte sich breit. Feindliche Luftlandetruppen? Die Polizei wusste nichts. Erst als die Sirene abgestellt wurde, trat Ruhe ein. Die Altstadt war beinahe menschenleer, viele hatten die Stadt bereits verlassen oder Schutz in Klöstern gesucht.

Der Angriff


Gegen 14:30 Uhr wurde Dorsten zum Ziel eines massiven Bombardements. Zwei bis drei Vorausmaschinen flogen ein, dann folgten Geschwader schwerer Bomber. Innerhalb von zwölf Minuten wurde die Stadt in Schutt und Asche gelegt. Menschen erlebten das Inferno in Kellern, während um sie herum Bomben detonierten. Der Kirchturm von St. Agatha stürzte ein.

Das St. Elisabeth-Hospital erlitt schwere Treffer, viele Kranke, Schwestern und Ärzte wurden unter den Trümmern begraben. Kaplan Dammann starb mit den Worten: „Herrgott, wenn wir gefehlt haben, dann rechne es uns nicht an.“

Nach dem Angriff
Als der Rauch sich lichtete, offenbarte sich das ganze Ausmaß der Zerstörung. Nur noch Trümmer, vereinzelt stehende Mauern, alleinstehende Schornsteine – die Stadt war nicht wiederzuerkennen. Die Altstadt war weitgehend zerstört, das Rathaus jedoch stand noch.

Rettungsarbeiten begannen, doch Blindgänger und Langzeitzünder machten die Bergung zur lebensgefährlichen Aufgabe. Polizei und Hilfstrupps arbeiteten unermüdlich, um Verschüttete zu befreien. In der Nacht war ein Großteil der Räumung erledigt, doch die Zahl der Toten war hoch. Geschätzt wurden 450 bis 500 Opfer.

Das Gerichtsgefängnis brennt
Besonders tragisch war das Schicksal der 42 Insassen des Gerichtsgefängnisses am Ostwall. Sie verbrannten lebendig, da die Helfer aufgrund der Hitze nicht an das brennende Gebäude herankamen. Die Feuerwehr war machtlos, da Betriebsstoff fehlte.

Letzte Angriffe und Kriegsende




Am 23. und 24. März folgten weitere Angriffe, vor allem auf das Franziskanerkloster und den Bahnhof Hervest-Dorsten. Die Stadt war schwer gezeichnet, die Polizei musste ihre Arbeit einstellen und sich der Wehrmacht unterstellen.

Fazit
Die Zerstörung Dorstens war nicht nur materiell, sondern auch seelisch verheerend. Ganze Familien wurden ausgelöscht, die Stadt verwandelte sich in eine Trümmerwüste. Das Gedenken an diesen Tag bleibt Mahnung für kommende Generationen."

Trauerkundgebung am 22. März 1955 - Rede von Bürgermeister Paul Schürholz (Auszug)

"Zehn Jahre nach dem Inferno des 22. März 1945 versammeln wir uns hier auf dem Marktplatz, um der größten Katastrophe unserer Stadt zu gedenken. In nur 20 Minuten wurde Dorsten von Bombengeschwadern zerstört. 576 Menschen starben, Häuser, Kirchen und Klöster wurden in Schutt und Asche gelegt. Der Kirchturm von St. Agatha, Symbol unserer Stadt, lag brennend in den Trümmern.

Nach dem Angriff irrten die Überlebenden verzweifelt durch die Ruinen. Viele verloren nicht nur ihre Heimat, sondern auch ihre Lebensenergie im Wiederaufbau. Die Stadt älterte um ein Jahrzehnt, ihr Herz schlug schwer unter der Last der Trauer.



Doch die lebenden Generationen mussten sich der Zukunft zuwenden. Schulen, Brücken, Kirchen, Krankenhäuser – alles wurde wieder aufgebaut.

Der Kirchturm von St. Agatha erhebt sich erneut als Wahrzeichen Dorstens.



In den neuen Kirchenbau aus Beton werden die Trümmer der zerstörten Kirche eingegossen.


Der Wiederaufbau war mühsam, aber die Gemeinschaft stand zusammen. Der Mut und die Entschlossenheit unserer Bürger haben die Stadt aus den Ruinen gehoben. Heute gedenken wir nicht nur der Vergangenheit, sondern richten den Blick auf die Zukunft.

Unsere Verpflichtung ist klar: Pietät und Dankbarkeit gegenüber den Toten, Verantwortung für die Gegenwart und Entschlossenheit für die Zukunft. Dorsten lebt weiter, geprägt von der Geschichte, getragen vom Geist seiner Menschen."

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