Kunstwerk aus dem Heimatmuseum

Lange vergessen, nun neu entdeckt (von DZ Michael Klein - 08.12.2024)


Ein 90 Jahre altes Dorsten-Kunstwerk wurde jetzt neu entdeckt.Der Künstler war mehrfach hier tätig - seine weiteren Bilder werden nun gesucht.

Ältere Zeitgenossen erinnern sich noch gut daran, dass im Alten Rathaus am Dorstener Marktplatz einst das Heimatmuseum untergebracht war - mit historischen Exponaten von Mammutknochen bis hin zu Schiffsmodellen. Und im Treppenhaus hoch zum Dachgeschoss, in dem die „Steinkammer“ mit Ausgrabungsfunden untergebracht war, hing ein großes Wandgemälde mit Dorstener Motiven, das nach der Umnutzung des Gebäudes im Jahr 2003 abgehängt worden war - und seitdem in Vergessenheit geriet.

„Im Rahmen eines Buchprojekts haben wir uns aber wieder an das Fresko erinnert“, erzählt Dr. Josef Ulfkotte, der gleichzeitig Vorsitzender des hiesigen „Vereins für Orts- und Heimatkunde“ und des „Trägervereins Altes Rathaus“ ist. In einer „Rumpelkammer“ im Dachgeschoss entdeckte man das Triptychon des Müncheners Künstlers Professor Karl Maria Lechner wieder, das jetzt runden Geburtstag feiern kann.

Denn am 7. Dezember 1934 wurde das damals für die Eingangshalle des wenige Monate später eröffneten Heimatmuseums gedachte Werk sogar der großen, weiten Welt vorgestellt - nämlich „live“ aus Dorsten in einem „Rundfunkvortrag“.
Höchst ungewöhnlich eigentlich, dass vor genau 90 Jahren ein solches „Kleinstadt-Thema“ einen 15-Minuten-Ruhm bei einem Radiosender bekam. Josef Ulkotte geht deshalb davon aus, dass dies mit der Person Heinrich Glasmeier zu tun gehabt haben dürfte.

Der gebürtige Dorstener war 1933 auf Veranlassung des Propagandaministers Joseph Goebbels zum Intendanten des Westdeutschen Rundfunks in Köln ernannt worden - und hatte dem Museum seiner Heimatstadt vor dessen Eröffnung Versteinerungen, Münzen, Säbel, Dolche und eine alte Pistole geschenkt.

Kohlezeichnungen
Das über den Äther präsentierte Fresko, das Lechner im Auftrag der Stadtverwaltung erschaffen hatte, besteht aus drei jeweils einen Meter breiten und gut 1,20 Meter hohen Tafeln mit Kohlezeichnungen. Das linke Bild zeigt zwei Schiffbauer bei der Arbeit und thematisiert damit die damals schon 100 Jahre zurückliegende Blütezeit des Dorstener Schiffbauergewerbes.

Im mittleren Teil des Gemäldes sind die Lippe mit Schiffen, die alte hölzerne Brücke, das Häuschen des Brückenwärters zu sehen, im Hintergrund das Bild der Stadt mit ihren Kirchtürmen und Giebeln. Auf der rechten Seite des Triptychons setzt Lechner schließlich der Ernte-Arbeit der Bauern ein Denkmal.

Der 1890 geborene Künstler war einer 2015 erschienenen Biografie zufolge nicht nur Maler, sondern auch Bühnenbildner und Lithograf. Er zeichnete im Ersten Weltkrieg für die Feldpost „Die Sappe“, seine Heimatmalerei gefiel den Nazis. Er hat übrigens für die Schokoladenfabrik Reber das Musiker-Porträt gezeichnet, das bis heute die „Mozart-Kugel“ ziert.

Zudem hat er im ganzen Land Wände und Decken in Kirchen, Festsälen und Rathäusern gestaltet. Und auch in bekannten Gasthäusern wie „Stuhlmacher“ in Münster oder im „Handelshof“ in Recklinghausen, von denen sich damals viele als Ort der „Volkskultur“ verstanden. „Auch für Dorstener Gaststätten war er tätig“, hat Dorstens Stadtarchivar Martin Köcher bei aktuellen Recherchen herausgefunden.

So hingen laut einem damaligen Zeitungsbericht (leider ohne Fotos) schon 1931 einige Lechner-Bilder in der damaligen Gaststätte „Circel“ in der „Blindestraße“, die damals die Recklinghäuser Straße mit der Lippestraße verband. Darauf zu sehen: der Stapellauf eines großen Lippe-Bootes, die letzte Dorstener Küferei, das Motiv einer Lippeüberschwemmung, Motive aus dem Dorstener Schützencorps und die Illustration eines feuchtfröhlichen Trinkliedes.
Sechs, sieben Jahre später war Karl Maria Lechner erneut in Dorsten tätig. Für die 1945 zerstörte Gaststätte Beisenbusch, damals am Markt 17 gelegen (heute: C&A-Gebäude) schuf er einige Werke, die sogar im Vestischen Kalender von 1938 abgedruckt wurden: Illustrationen von der „Stadtwerdung Dorstens 1251“, ein Motiv namens „ten Dursten am Donarstein“ und eines von der „Gründung des Reichshofs Dorsten im Jahr 800“.

Weitere Werke gesucht
Abgesehen von dem Triptychon sind andere Dorstener Original-Bilder von Lechner nicht mehr vorhanden, auch auf der Suche nach Abbildungen von den Werken in der Gaststätte Circel und vielleicht auch anderswo ist Martin Köcher bislang nicht fündig geworden.
„Wer weitere Dorstener Motive kennt oder besitzt, kann sich gerne an uns wenden“, sagt er.

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