Sammlungsbestand des ehemaligen Franziskanermuseums in Dorsten

Veröffentlichung von Dr. phil. Mai Lin Tjoa-Bonatz (von voh - 21.08.2024)


Am 26. August 2023 lud der Verein für Orts- und Heimatkunde zu einem besonderen Vortrag ein, bei dem die Kunsthistorikerin, Archäologin und Südostasienexpertin Dr. phil. Mai Lin Tjoa-Bonatz über den Sammlungsbestand des ehemaligen Franziskanermuseums in Dorsten referierte. Diese Sammlung bildete die Grundlage für das heutige Missionsmuseum „Forum der Völker“ in Werl. Der Vortrag war ein Highlight für all jene, die sich für die Geschichte, Ethnographie und die komplexe Beziehung zwischen Religion und Kultur interessieren.

Dr. Tjoa-Bonatz erläuterte, wie die ethnographischen Objekte des Museums – darunter vor allem rituelle Geräte und religiöse Kunstwerke – im Laufe der Jahre in einen christlichen Kontext integriert wurden. Die Missionare des Franziskanerordens hatten die Artefakte, die ursprünglich in lokalen Kulten verwendet wurden, neu interpretiert und als Mittel zur Unterstützung ihres Missionsauftrags genutzt. Dabei zeigte sich eine Ambivalenz: Einerseits wurden menschliche Überreste und Waffen als wertvolle Sammlungsstücke betrachtet, andererseits offenbarten sie die schwierige Balance zwischen Respekt vor fremden Kulturen und der Absicht, diese Kulturen zu missionieren.

Besonders aufschlussreich war die Darstellung der Provenienzforschung, die Dr. Tjoa-Bonatz im Museum durchführte. Ihre Untersuchung umfasste nicht nur das Studium der Objekte selbst, sondern auch die Auswertung von Archivmaterial und Interviews mit Personen, die einen Bezug zur Sammlung hatten. Diese Forschungen brachten ans Licht, dass viele Objekte problematische Hintergründe aufwiesen, etwa unklare Besitzerwechsel oder Erwerbungen in ethisch fragwürdigen Kontexten, wie sie zum Beispiel während der Kolonialzeit vorkamen.

Ein bemerkenswertes Ergebnis der Arbeit von Dr. Tjoa-Bonatz ist, dass die Sammlung des Museums in den letzten drei Jahrzehnten durch private Sammlungen ergänzt wurde, die ebenfalls oft problematische Provenienzen aufwiesen. Dazu zählen unter anderem Antiquitäten, die möglicherweise gestohlen oder unrechtmäßig aus ihrem Ursprungsland entfernt wurden.

Die Ergebnisse ihrer intensiven Forschung sind kürzlich in einer englischsprachigen Zeitschrift veröffentlicht worden. Der Artikel, der online zugänglich ist, bietet eine fundierte Orientierungshilfe für den Umgang mit Objekten, deren Herkunft und Erwerbshintergründe ethisch und rechtlich heikel sind. Interessierte können den Artikel unter folgendem Link abrufen: https://doi.org/10.4000/11zlj.

Dieser Vortrag und die begleitende Veröffentlichung von Dr. Tjoa-Bonatz haben einmal mehr die Bedeutung der Provenienzforschung in Museen unterstrichen. Besonders im Kontext von Sammlungen, die durch missionarische Tätigkeiten entstanden sind, ist es unerlässlich, die Herkunft und die Erwerbungsumstände der Objekte kritisch zu hinterfragen und transparent zu machen. Dies trägt nicht nur zur wissenschaftlichen Aufarbeitung bei, sondern auch zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die oft komplexen und kontroversen Geschichten hinter den Ausstellungsstücken.
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